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Arzt- und Arzthaftungsrecht

Arzt- und Arzthaftungsrecht

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Die praktische Bedeutung des Arzthaftungsrechtes hat in der Vergangenheit stetig zugenommen, die Tendenz ist weiterhin steigend. Jedes Jahr werden vor deutschen Zivilgerichten mehr als 10.000 Arzthaftungsverfahren anhängig gemacht.

Die Anzahl der gegen Ärzte gerichteten Haftpflichtansprüche beträgt mehr als 100.000, die Berufshaftpflichtversicherer der Ärzteschaft zahlen in diesem Zusammenhang mehr als vier Millionen Euro Schadensersatz jährlich.

Was bedeutet Arzthaftungsrecht?

Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig und können wohl auf die allgemeinen gesellschaftlichen Wandlungen und die medizinische Entwicklung zurückgeführt werden. Das Arzt-Patienten-Verhältnis entwickelt sich immer mehr zu einem Dienstleistungsverhältnis.

Von Arzthaftungsrecht spricht man im Zusammenhang mit der zivilrechtlichen Haftung des Arztes für Fehler bei der Behandlung von Patienten im gesamten medizinischen und pflegerischen Bereich. Diese zivilrechtliche Haftung umfasst den wirtschaftlichen Ausgleich von Schäden, die den Patienten in Folge von Versäumnissen im Zusammenhang mit der Behandlung entstanden sind.

Das Arzthaftungsrecht betrifft nicht die strafrechtlichen Aspekte einer möglicherweise fehlerhaften Behandlung. Insbesondere geht es dabei nicht um die Strafverfolgung des verantwortlichen Arztes, Pflegepersonals oder Krankenhauses.

Für das Arzthaftungsrecht existierten bis zum 26.02.2013 keine speziellen gesetzlichen Grundlagen. In das BGB sind mit den §§ 630 a bis 630 h die Rechte und Pflichten, die sich aus einem Behandlungsvertrag ergeben, festgeschrieben worden. Intention des sog. Patientenrechtegesetzes war, die Position der Patienten gegenüber Ärzten und Krankenhäusern zu stärken. Resümieren muss man jedoch, dass die zuvor durch Richterrecht entwickelten Grundsätze im Wesentlichen übernommen worden sind.

Das Arzthaftungsrecht kennt sowohl vertragliche als auch deliktische Anspruchsgrundlagen. Verletzt der Arzt schuldhaft seine Pflicht aus dem Behandlungsvertrag mit dem Patienten, so hat er dem Patienten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

Daneben steht die deliktische Haftung, die in Folge einer sog. „unerlaubten Handlung“ zu einer zivilrechtlichen Haftung führt, wenn eine rechtswidrige schuldhafte Verletzung von Körper oder Gesundheit des Patienten durch den Arzt vorliegt. Die Ansprüche aus Behandlungsvertrag und Delikt können nebeneinander und unabhängig voneinander geltend gemacht werden.

Was es im Arztrecht zu beachten gilt
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Im Rahmen dieser Anspruchsgrundlagen kann sich die zivilrechtliche Haftung des Arztes aus zwei unterschiedlichen Gesichtspunkten ergeben, nämlich der Haftung aus einem Behandlungsfehler und/oder der Haftung aus einem Aufklärungsfehler.

1) Haftung aus einem Behandlungsfehler

Das Vorliegen eines Behandlungsfehlers ist der typische Fall, in dem es zu einer zivilrechtlichen Haftung kommt. Allerdings wird nicht jeder ärztliche „Kunstfehler“ und nicht jedes Misslingen eines medizinischen Eingriffes von der Rechtsprechung als haftungsrelevanter Behandlungsfehler angesehen.

Ein Behandlungsfehler liegt demzufolge nur vor, wenn der Standard guter ärztlicher Behandlung unterschritten wird. Der Arzt schuldet nämlich gerade nicht den Heilerfolg, sondern nur eine dem jeweiligen Stand der Wissenschaft und ärztlichen Erkenntnis entsprechende fachgerechte Behandlung.

Die Behandlung muss sich dabei an dem Standard eines gewissenhaften Facharztes der betreffenden Fachrichtung messen lassen. Ein Behandlungsfehler kann insbesondere in folgenden Fällen gegeben sein:

Therapiefehler

Sofern der Arzt auf erhobene, eindeutige Befunde zu spät oder gar nicht reagiert oder eine medizinische Standardmethode nicht oder falsch anwendet, kommt ein haftungsrelevanter Therapiefehler in Betracht.

Beispiel:

Bricht dem Zahnarzt bei der Wurzelbehandlung das Wurzelaufbereitungsinstrument ab und verbleibt deshalb unbemerkt ein Fremdkörper im Körper des Patienten, so stellt dies einen Behandlungsfehler dar. Der Zahnarzt ist im Rahmen seiner Behandlung verpflichtet, die Vollständigkeit und Unversehrtheit seiner Instrumente nach der Behandlung seines Patienten zu kontrollieren, um sicher zu stellen, dass keine Teile im Körper des Patienten zurück geblieben sind (vgl. OLG Köln, Urt. v. 16.06.1999, Az. 5 O 160/97).

Diagnosefehler

Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist bei der Einordnung von Diagnoseirrtümern als Behandlungsfehler sehr zurück haltend. Liegt jedoch eine völlig unvertretbare Fehlleistung des Arztes bei seiner Diagnose vor, kann nach der Rechtsprechung ein Behandlungsfehler angenommen werden.

Beispiel:

Erkennt ein Allgemeinarzt trotz entsprechender Beschwerden des Patienten und eindeutiger Hinweise in dem erstellten EKG die Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden Herzinfarktes nicht und rät er deshalb dem Patienten nicht dringend zu einer sofortigen notfallmäßigen Einweisung in die nächste Klinik für eine Herzkatheteruntersuchung, so liegt ein grober Behandlungsfehler in Form eines Diagnosefehlers vor (vgl. OLG Bamberg, Urt. v. 04.07.2005, Az. 4 U 126/03).

Ärztliches Übernahmeverschulden

Ein Behandlungsfehler kann dann vorliegen, wenn ein Arzt eine Behandlung durchführt, ohne die hierfür erforderliche Fachkompetenz oder die technische Ausstattung für diese Behandlung zu haben oder aber wegen Fähigkeitsabfalls, z.B. Müdigkeit, die Therapie nicht zuverlässig durchführen kann.

Der Arzt hat, sofern er an die Grenzen seines Fachbereichs oder seiner persönlichen Einsatzbereitschaft gelangt, andere hinzuziehen und weitere Aktivität zu unterlassen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann einen Behandlungsfehler darstellen.

Beispiel:

Sieht sich der bei einer Geburt notfallmäßig hinzugezogene Kinderarzt mangels ausreichender Kenntnisse und Erfahrung außer Stande, die erforderliche Intubation des Neugeborenen durchzuführen und damit die vitalen Funktionen des Neugeboren sicher zu stellen, muss er dafür sorgen, dass dies ein kompetenter Krankenhausarzt übernimmt. Ein entsprechendes Unterlassen stellt einen haftungsrelevanten groben Behandlungsfehler dar (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 04.01.2000, Az. 14 O 31/98).

Befunderhebungsfehler / unterlassene Befunderhebung

Der Arzt ist verpflichtet bei Verdacht auf das Vorliegen einer Erkrankung in einem angemessenen zeitlichen Rahmen Befunde zu erheben. Dabei ist die Gesamtheit der körperlichen und psychischen Erscheinungen des Patienten zu berücksichtigen.

Beispiel:

Erfolgt trotz des Verdachtes einer Beinvenenthrombose auf Grund des vorliegenden Beschwerdebilds durch den Arzt nicht die gebotene diagnostische Abklärung durch Erhebung weiterer Befunde, so stellt dieses Fehlverhalten einen groben Behandlungsfehler dar (vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 25.11.1997, Az. 5 U 66/97).

Organisations-/Überwachungsfehler

Ärzte, Pflegepersonal und Krankenhäuser sind verpflichtet, die Behandlungsabläufe so sachgerecht zu organisieren und koordinieren, dass die erforderlichen hygienischen, apparativen und medikamentösen Standards sichergestellt werden. Ebenso ist dafür Sorge zu tragen, dass das Personal sachgerecht ausgewählt, angewiesen und überwacht wird.

Beispiel:

Die Verantwortung für die Erhaltung der vitalen Lebensfunktionen eines in einer internistischen Abteilung untergebrachten, lebensbedrohlich gefährdeten Magersucht-Patienten liegt bei dem behandelnden Internisten, nicht bei dem beratend hinzugezogenen Arzt einer anderen Fachrichtung. Es ist Pflicht des behandelnden Internisten, ggf. mit allem Nachdruck sowohl die vormundschaftliche Genehmigung für die Durchführung und Sicherung einer künstlichen Ernährung des Magersucht-Patienten zu erwirken, als auch für eine optimale Überwachung auf der Intensivstation zu sorgen. Unterlässt dies der Internist, weil er sich auf den zugezogenen Arzt verlässt, stellt dies einen Behandlungsfehler dar (vgl.OLG München, Urt. v. 08.07.2007, Az. 1 O 2881/03).

Röntgenbild Arztrecht
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2) Haftung aus einem Aufklärungsfehler

Weitere zivilrechtliche Arzthaftungsansprüche können sich aus einem Aufklärungsfehler des Arztes ergeben. Vor jeder medizinischen Behandlungsmaßnahme ist die Zustimmung des Patienten erforderlich. Fehlt eine solche Zustimmung, ist der Straftatbestand der Körperverletzung erfüllt.

Fehler bei Risikoaufklärung

Vor diesem Hintergrund geht die Rechtsprechung davon aus, dass dem Patienten eine allgemeine Vorstellung davon zu vermitteln ist, mit welchen Risiken und Belastungen die Behandlungsmaßnahmen verbunden sind und welchen Schweregrad diese aufweisen.

Der Patient also über die mit der Durchführung der Behandlung verbundenen „spezifischen Risiken im Großen und Ganzen“ aufzuklären. Je weniger dringlich ein Eingriff und je zweifelhafter die Heilungsaussichten sind, umso weitergehend hat die Aufklärung über die Risiken der Behandlung zu erfolgen.

Beispiel:

Im Falle einer operativen Behandlung der Eintrübung der Augenlinse (grauer Starr) hat der Arzt über das Risiko einer operationsbedingten Erblindung aufzuklären (vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 08.12.1998, Az. 5 O 116/98).

Fehler bei Diagnoseaufklärung

Neben der oben beschriebenen Risikoaufklärung hat durch den behandelnden Arzt auch eine Diagnoseaufklärung zu erfolgen. Dabei ist der Patient über das Ausmaß der bei ihm anzutreffenden Befunde zu informieren.

Ferner muss der Patient vom Arzt über etwaige Behandlungsalternativen aufgeklärt werden. Dies insbesondere dann, wenn eine alternative Behandlungsmethode gleiche Heilungschancen bietet aber mit einem geringeren Risiko für den Patienten verbunden ist oder wenn mit dieser Methode bei ähnlichen Risken höhere Heilungschancen zu erwarten sind.

Beispiel:

Der Zahnarzt muss seinen Patienten bei der Einbringung von Zahnimplantaten darüber aufklären, dass es zur Einbringung von aus Rinderknochen gewonnenem Knochenersatzmaterial Alternativen dahingehend gibt, dass das erforderliche Knochenmaterial durch eine Transplantation von Beckenknochen oder die Verwendung lateraler Zahnimplantate gewonnen werden kann und so das Risiko einer Erkrankung an der Creutzfeld -Jakob – Krankheit ausgeschlossen werden kann. Eine Verletzung dieser Aufklärungspflicht kann Schadensersatzansprüche begründen (OLG Stuttgart, Urt. v. 12..07.2005, Az. 1 O 25/05, noch nicht rechtskräftig).

Verspätete Aufklärung

Die Aufklärung muss rechtzeitig vor der Behandlungsmaßnahme stattfinden. Dem Patienten muss die Möglichkeit bleiben, dass für und wieder der Behandlung in Ruhe abzuwägen. Eine Aufklärung erst am Vorabend einer Operation oder gar auf dem Weg in den OP-Bereich kann deshalb abgesehen von Notfällen zu spät sein. Bei ambulanten Eingriffen mit weniger hohen Risiken wird eine Aufklärung am selben Tag dagegen oft als ausreichend erachtet.

Beispiel:

Die Aufklärung am Vorabend einer schönheitschirurgischen Operation Bauchdeckenstraffung) ist verspätet, wenn die Patientin erstmals mit erheblichen kosmetischen Folgen – wie einer deutlichen Vergrößerung der bereits existenten Narbe (15 auf 45 cm) oder mit längerfristigen Sensibilitätsstörungen – konfrontiert wird (OLG Frankfurt, Urt. v. 11.10.2005, Az. 8 U 47/04 ).

3) Weitere Haftungsvoraussetzungen

Liegt einer der genannten Behandlungs- oder Aufklärungsfehler vor, kommen Schadensersatzansprüche nur dann in Betracht, wenn der Patient in Folge dieses Fehlers einen Gesundheitsschaden davon getragen hat.

Die Feststellung, dass überhaupt eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Patienten gegeben ist, bereitet üblicherweise nur geringfügige Probleme. Problematischer ist jedoch das Ausmaß des Schadens, insbesondere, inwieweit ein etwaiger Dauerschaden vorliegt.

In diesem Zusammenhang ist zur Haftungsbegründung zwingend erforderlich, dass für den festgestellten Gesundheitsschaden der Behandlungs- oder Aufklärungsfehler ursächlich war.

Im Hinblick auf einen anzunehmenden Behandlungsfehler ist dabei entscheidend, ob der negative Zustand des Patienten gerade auf den Fehler des Arztes zurück zu führen ist, sich dieser Zustand als Folge einer Grunderkrankung ergibt oder auf eine schicksalhafte Reaktion des Körpers des Patienten zurück zu führen ist.

Sofern der Patient auch ohne den Behandlungsfehler des Arztes unter dem Gesundheitsschaden leiden würde, scheidet eine zivilrechtliche Arzthaftung aus.

Auch wegen eines Aufklärungsfehlers haftet der Arzt nur dann, wenn sich gerade das Risiko, über welches der Arzt nicht aufgeklärt hat, in dem Gesundheitsschaden des Patienten verwirklicht hat. Hätte der Patient jedoch in jedem Fall – also auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung – die Behandlungsmaßnahme durchführen lassen, entfällt eine Haftung des Arztes.

Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, handelt es sich bei dem Arzthaftungsrecht um eine hoch komplexe Materie. Neben den bestehenden rechtlichen Besonderheiten kommen medizinischen Fachfragen entscheidende Bedeutung zu.

Nicht jede erfolglose Behandlung begründet Schadensersatzansprüche des Patienten, jeder einzelne Sachverhalt ist sowohl in medizinischer, als auch in rechtlicher Hinsicht genau zu untersuchen.

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