Stichwort-Suche

12. Mai 2025
Rohmessdaten - PoliScan, ES 8.0 und Co - Divergenzvorlage wegen Beweisverwertungsverbot

Rohmessdaten - PoliScan, ES 8.0 und Co - Divergenzvorlage wegen Beweisverwertungsverbot

Rohmessdaten – PoliScan, ES 8.0 und Co – Beweisverwertungsverbot?

Rohmessdaten - PoliScan, ES 8.0 und Co - Divergenzvorlage wegen Beweisverwertungsverbot

Bereits vor einigen Jahren habe ich einen Beitrag zum Messgerät PoliScan unter der sarkastischen Formulierung „das unbesiegbare Messgerät- über jeden Zweifel erhaben,“ verfasst. Im Wesentlichen ging es darum, dass das Messgerät keine Rohmessdaten speichert, wodurch die Behauptung einer Fehlmessung nicht überprüfbar ist.

 

Das vorgenannte Messgerät und vergleichbare Messgeräte (z.B. ES 8.0), erfassen bei der Vorbeifahrt eines Fahrzeugs eine Vielzahl von Daten, die sogenannten Rohmessdaten, und ermitteln daraus den Geschwindigkeitsverstoß. Die meisten Messgeräte speichern diese Rohmessdaten nach erster Messwertbildung nicht. Die Daten werden vielmehr unwiederbringlich gelöscht.

 

Über die letzten Jahre hat sich bei diesem Vorgehen zugunsten der Betroffenen keine Verbesserung ergeben, im Gegenteil eher eine Verschlechterung. Selbst Hilfsdaten werden mittlerweile bewusst zurückgehalten, welche in Teilen für eine Überprüfung der Richtigkeit verwendet wurden.

 

Meiner Meinung nach und nach der Auffassung vieler Verteidiger ist dieses Vorgehen unzulässig und beschränkt die Rechte der Betroffenen auf ein faires Verfahren. Letztlich wird das dem Vorwurf zugrundeliegende Beweismittel vernichtet.

 

In einem Strafprozess wäre es sicherlich unvorstellbar, dass Personen verurteilt würden, obwohl die Fingerabdrücke am Tatobjekt durch die Strafverfolgungsbehörden planmäßig und bewusst vernichtet worden wären. Die Behauptung, die Tatwaffe nicht in der Hand gehalten zu haben, könnte vom Angeklagten nicht mehr bewiesen werden.

 

Im Bußgeldrecht ist dies leider gängige Praxis. Das Beweismittel wird vernichtet, das Gericht kommt aufgrund der Anwendung des sogenannten standardisierten Messverfahrens in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle nicht zur Notwendigkeit einer gutachterlichen Überprüfung der Richtigkeit der Messung. Wenn es eine solche gäbe, könnte sich der Sachverständige mangels Überprüfbarkeit allerdings auch nur darauf beschränken festzuhalten, ob oder ob er keine Anhaltspunkte für Fehler in der Messung erkennt.

 

Nimmt man hinzu, dass die Bedienungsanleitungen bei klaren Aufbaufehlern auch noch behaupten, dass diese nicht zu Fehlmessungen führen, sondern allenfalls zu erhöhten Annulierungsraten, entsteht eine Verfahrenssituation, die nahezu undurchdringbar scheint.

 

Dieses Vorgehen ist nach meinem Dafürhalten mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar. Mit dieser Auffassung stehe ich nicht allein da, jedoch wird diese Auffassung in der Rechtsprechung weit überwiegend nicht geteilt.

 

Zu einem anderen Ergebnis kam bereits im Jahr 2019 der Verfassungsgerichtshof des Saarlands Urteil vom 5.7.2019 – Lv 7/17. Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs des Saarlands hatte allerdings keine unmittelbare Auswirkung auf die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte, insbesondere der Oberlandesgerichte.

 

Im Nachgang zu dieser Entscheidung kamen fast alle Oberlandesgerichte zum Ergebnis, die Entscheidung sei nicht überzeugend und/oder auf das Verfahren nicht übertragbar.

 

Anders sieht es das OLG Saarbrücken mit Beschluss vom 10.04.2025 1 Ss (OWi) 112/24. Die Speicherung oder genauer gesagt, die fehlende Speicherung der Rohmessdaten erachtet das Oberlandesgericht Saarbrücken mit überzeugenden Gründen für unzulässig. Das OLG Saarbrücken erkennt aber auch, dass die anderen Oberlandesgerichte zu einem abweichenden Ergebnis kommen.

 

Aus diesem Grund hat das OLG Saarbrücken eine Divergenzvorlage zum Bundesgerichtshof gestellt. Dieser muss nun einheitlich entscheiden, ob die Rohmessdaten zulässigerweise gelöscht werden oder ob die Löschung gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstößt.

 

Das Ergebnis könnte ein Beweisverwertungsverbot sein.

 

Was bedeutet dieses Verfahren für die Betroffenen? Sollten Verfahren bereits abgeschlossen sein, muss ohnehin zunächst die Entscheidung des Bundesgerichtshofs abgewartet werden. Ob bei einer zugunsten der Betroffenen ausgehenden Entscheidung bereits rechtskräftige Verfahren wiedereröffnet werden können, scheint fraglich.

 

Bei laufenden Verfahren werden wir beantragen, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs auszusetzen. Es sollte aktuell ohne Gegenwehr keine Verurteilung akzeptiert werden, wenn ein Messgerät verwendet wurde, das keinerlei Rohmessdaten speichert und mithin die Rechte der Betroffenen verletzt.

 

Wenn Sie bisher noch nichts unternommen haben, sollten Sie dies jetzt tun.

Rückruf anfordern

Schön, dass Sie unseren Rückruf-Service nutzen möchten. Nach Versand dieses Formulars werden wir uns zeitnah bei Ihnen melden.

Bitte wählen Sie aus:

    Bitte geben Sie Ihr gewünschtes Zeitfenster für Ihren Rückruf an: *

    Mehrfachauswahl möglich. Bitte wählen Sie mindestens ein Feld.

    Ihre Daten: *

    Anrede HerrFrauDiverskeine Angabe

      Bitte beschreiben Sie uns kurz Ihr Anliegen:

      Bitte geben Sie Ihr gewünschtes Zeitfenster für Ihren Rückruf an: *

      Mehrfachauswahl möglich. Bitte wählen Sie mindestens ein Feld.

      Ihre Daten: *

      Anrede HerrFrauDiverskeine Angabe

      Vielen Dank für Ihre Anfrage – wir werden uns schnellstmöglich bei Ihnen zurückmelden.

      Bitte haben Sie Verständnis, dass es, trotz unserer Bemühungen, im Einzelfall 1-2 Werktage dauern kann.

      Herzliche Grüße

      Das Team von Linten & Partner Rechtsanwälte