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25. Juli 2024

EuGH: Effektivitätsprinzip bei nachträglicher Feststellung der Schwangerschaft und verspäteter Kündigungsschutzklage

EuGH: Effektivitätsprinzip bei nachträglicher Feststellung der Schwangerschaft und verspäteter Kündigungsschutzklage

Schwangerschaft und verspätete Kündigungsschutzklage

Hintergrund des Urteils

Der EuGH hat entschieden, dass nationale Regelungen, welche die Rechte schwangerer Arbeitnehmerinnen beschneiden, wenn diese erst nach Ablauf der Kündigungs- und Klageerhebungsfristen von ihrer Schwangerschaft erfahren, mit dem Effektivitätsprinzip des Unionsrechts nicht vereinbar sind. Konkret ging es um den Fall einer Arbeitnehmerin (TC), die erst nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist gemäß § 4 Satz 1 KSchG von ihrer Schwangerschaft erfuhr und daher die Kündigung nicht rechtzeitig anfechten konnte. Das Arbeitsgericht Mainz legte dem EuGH die Frage vor, ob die Erfordernisse für eine nachträgliche Klagezulassung gemäß § 5 KSchG den unionsrechtlichen Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes verletzen.

Die Rechtslage in Deutschland

In Deutschland sieht § 4 KSchG vor, dass eine Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung erhoben werden muss. Bei Versäumen dieser Frist kann gemäß § 5 KSchG eine verspätete Klage nur zugelassen werden, wenn die Arbeitnehmerin ohne eigenes Verschulden die Klagefrist versäumt hat und binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage stellt. Dies führte im vorliegenden Fall dazu, dass TC aufgrund der versäumten Frist keine Möglichkeit hatte, ihre Rechte aus dem Mutterschutzgesetz geltend zu machen.

Effektivitätsprinzip und unionsrechtlicher Schutz

Der EuGH betonte, dass die Mitgliedstaaten nach Artikel 10 und 12 der Richtlinie 92/85/EWG verpflichtet sind, schwangere Arbeitnehmerinnen vor Kündigungen zu schützen und sicherzustellen, dass diese ihre Rechte effektiv gerichtlich geltend machen können. Dies beinhaltet auch den Schutz vor den Folgen einer rechtswidrigen Kündigung. Der Gerichtshof stellte fest, dass Verfahrensmodalitäten, die die Durchsetzung dieser Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, mit dem Grundsatz der Effektivität unvereinbar sind.

Kritische Bewertung der deutschen Regelung

Der EuGH kritisierte, dass die in § 5 KSchG vorgesehene Frist von zwei Wochen für die Beantragung der Zulassung einer verspäteten Klage in Anbetracht der besonderen Situation schwangerer Arbeitnehmerinnen zu kurz ist. Diese Frist sei kürzer als die ordentliche Klagefrist von drei Wochen und erschwere es den Betroffenen, sich rechtzeitig beraten zu lassen und sowohl den Antrag als auch die eigentliche Klage abzufassen und einzureichen. Zudem sei der Beginn dieser Frist nicht eindeutig festgelegt, was zu weiteren Unsicherheiten führen könne.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH entschied, dass die Artikel 10 und 12 der Richtlinie 92/85/EWG nationalen Regelungen entgegenstehen, die eine schwangere Arbeitnehmerin, die erst nach Ablauf der Klagefrist von ihrer Schwangerschaft erfährt, verpflichten, innerhalb von zwei Wochen einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage zu stellen, sofern diese Modalitäten die Rechte aus der Richtlinie übermäßig erschweren. Damit wird klargestellt, dass die Verfahrensmodalitäten in Deutschland angepasst werden müssen, um den unionsrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Fazit

Das Urteil des EuGH stärkt den Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen und stellt sicher, dass diese auch dann ihre Rechte effektiv wahrnehmen können, wenn sie erst nach Ablauf der Klagefrist von ihrer Schwangerschaft erfahren. Die Entscheidung hebt die Bedeutung des Effektivitätsgrundsatzes im Unionsrecht hervor und fordert nationale Gesetzgeber auf, entsprechende Regelungen zu schaffen, die eine wirkliche und praktische Durchsetzung der Rechte ermöglichen.


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